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Sowas hat man selten erlebt! Die Handballer des SC DHfK Leipzig haben am Dienstagabend in den letzten Sekunden des Nachholspiels gegen die Rhein-Neckar Löwen das schier Unmögliche möglich gemacht. Wenige Augenblicke vor Ablauf der Uhr ließen die Leipziger ihren Gegner kampflos zum Torabschluss kommen – in der Hoffnung, doch noch einmal in Ballbesitz zu gelangen. Und tatsächlich parierte Kristian Saeveras den Wurf drei Sekunden vor Schluss und schickte Patrick Wiesmach mit einem Pass über das gesamte Spielfeld auf Reisen. Der Rechtaußen pflückte den Ball aus der Luft und traf mit der Schlusssirene zum 28:28-Ausgleich.
Aber der Reihe nach. Nur zwei Tage nach der Heimniederlage gegen Melsungen mussten die Leipziger das nächste richtig schwere Spiel bestreiten und bei den Rhein-Neckar Löwen antreten, die vor der Partie eine deutlich längere Regenerationszeit hatten. Obendrein fehlten beim SC DHfK erneut die beiden wichtigen Leistungsträger Luca Witzke und Maciej Gebala. Dennoch waren die Grün-Weißen fest entschlossen, auch in diesem Jahr wieder in Mannheim zu punkten. Schließlich war dies den Leipzigern in den vergangenen drei Spielzeiten bereits zweimal gelungen.
Gleich der erste Angriff der Partie machte Hoffnung. Marko Mamic brachte den SC DHfK mit 0:1 in Führung. Dann kassierte jedoch Gebalas Innenblock-Vertreter Simon Ernst früh im Match seine erste Zeitstrafe. Lovro Jotic leistete sich zudem einen Ballverlust – und schon stand es 4:1 für die Rhein-Neckar Löwen. Die Leipziger korrigierten das allerdings schnell wieder. Mamic, Milosevic und Wiesmach stellten binnen anderthalb Minuten auf 4:4.
Dann ging es im Gleichschritt weiter. Entweder legten die Leipziger vor und die Löwen zogen nach, oder eben andersherum. 5:5, 6:6, 7:7, 8:8, 9:9, 10:10, 11:11. Warum beide Mannschaften punktgleich und mit beinahe der gleichen Tordifferenz in diese Partie gingen, war spätestens jetzt allen Zuschauerinnen und Zuschauern in der SAP-Arena klar. Doch dann konnte sich doch mal eine Mannschaft mit zwei Toren absetzen. Sime Ivic hatte zum 11:13 getroffen. Überhaupt zeigte Ivic, der bereits kurz zuvor mit einem gefühlvollen Heber genetzt hatte, in der ersten Hälfte eine klasse Leistung. Trotzdem reichte es für die Leipziger nicht zur Pausenführung. Die letzten drei Tore im ersten Abschnitt gehörten allesamt den Löwen. In einem richtig ansehnlichen und spannenden Handballspiel wurden die Seiten bei einem 14:13 zugunsten der Hausherren gewechselt.
In der Anfangsphase der zweiten Halbzeit ließen die Leipziger dann etwas abreißen. Lukas Nilsson traf in der 40. Spielminute zum 19:16. DHfK-Coach André Haber reagierte umgehend mit einer Auszeit. Die Gäste blieben anschließend auf Tuchfühlung und waren permanent ein oder zwei Treffer dran an den Löwen. In der 47. Minute hatte Leipzig dann endlich eine riesige Ausgleichschance. Marko Mamic wurde sehenswert freigespielt, doch er konnte den Ball aus bester Position nicht im Tor unterbringen. Nikolas Katsigiannis hatte etwas dagegen.
Dann passierte es aber doch. Sime Ivic erziele den 22:22-Ausgleich. Es war der erste Gleichstand in der gesamten zweiten Halbzeit. Der SC DHfK eroberte anschließend erneut den Ball und hatte sogar die Führungschance, jedoch leisteten sich die Sachsen im Tempogegenstoß einen unnötigen Fehlpass. So ging es aus Leipziger Sicht mit einem 2-Tore-Rückstand in die letzten zehn Minuten des Spiels.
Auch fünf Minuten vor dem Ende zeichnete sich noch immer kein Sieger ab. Alen Milosevic hatte eine weitere sehr gute Möglichkeit liegengelassen, dafür lief jetzt Leipzigs Torhüter Kristian Saeveras zu Höchstform auf und hielt seine Mannschaft im Spiel. Der zur Halbzeit eingewechselte Torwart hielt im zweiten Durchgang mehr als 40 Prozent der Löwen-Würfe. Beim Spielstand von 25:24 nahm DHfK-Trainer André Haber seine letzte Auszeit.
Jetzt konnte jede Aktion entscheidend sein. Der Leipziger Angriff brachte keinen Torerfolg – und im Gegenzug kam auch noch Pech dazu. Kristian Saeveras packte eine Monsterparade aus, die brachte allerdings nichts ein, da der Abpraller bei Jannik Kohlbacher landete, der zur erneuten 2-Tore-Führung der Löwen traf. Dann musste auch noch Sime Ivic mit einer Zeitstrafe von der Platte. Zwei Minuten vor dem Ende lagen die DHfK-Männer somit nicht nur 27:25 zurück, sondern waren auch noch ein Mann weniger. Hier war eigentlich kaum noch was zu holen.
Eigentlich! Denn die Leipziger wollten sich für ihre gute Leistung belohnen und kämpften im wahrsten Sinne des Wortes bis zur allerletzten Sekunde. Zuerst zwangen sie ihren Gegner ebenfalls zu einer Zeitstrafe. Dann blieb Lukas Krzikalla von der Siebenmeterlinie cool und verkürzte auf 27:26. Als Benjamin Helander 40 Sekunden vor Abpfiff erneut auf plus zwei stellte (28:26), war die Hoffnung auf Punkte unter den DHfK-Fans wieder verflogen. Mit einem Rückhand-Zaubertor aus der Drehung stellte Kapitän Alen Milosevic noch einmal den Anschlusstreffer her. Die Löwen konnten sich nun Zeit lassen und nahmen acht Sekunden vor Schluss sogar noch eine Auszeit. Der SC DHfK attackierte den Gegner nicht mehr, sondern ließ Helander unbedrängt durchlaufen und zum Torabschluss kommen. Doch mit seiner 9. Parade in nur 26 Einsatzminuten war Kristian Saeveras drei Sekunden vor Schluss zur Stelle und beförderte den Ball geistesgegenwärtig bis in den gegnerischen Torkreis. Dort flog Patrick Wiesmach ein und vollstreckte in Kempa-Manier zum vielumjubelten und sicherlich nicht unverdienten 28:28-Ausgleichstreffer. Diese irre Schlussphase bekommt definitiv einen Platz in den DHfK-Geschichtsbüchern.
Andre Haber (Trainer SC DHfK Leipzig)
„Wir sind natürlich sehr glücklich über den Punkt, den wir wirklich auf der Zielgeraden gewinnen konnten. Sicherlich in einer außergewöhnlichen Form. Das Spiel war über 60 Minuten sehr spannungsgeladen und hatte mit Emotionen, Zweikämpfen und verschiedenen Taktiken alles, was ein gutes Handballspiel ausmacht. Das hat heute sehr viel Spaß gemacht. Natürlich war der Punktgewinn glücklich, aber wir können letztendlich doch zufrieden damit sein und wollen weiter darauf aufbauen.“
Klaus Gärtner (Trainer Rhein-Neckar Löwen)
„Dass wir am Ende nicht gewinnen, das haben wir uns selbst zuzuschreiben. Wir müssen in diesem Spiel schon vorher die Chancen besser zu Ende spielen und so alles klar machen. Verteidigen wir konsequenter und machen die Tore, kommen wir einfach nicht in diese Situation. Leipzig war der unangenehme Gegner, den wir erwartet haben und hat uns alles abverlangt. In der zweiten Hälfte haben wir dann zu viele Möglichkeiten vergeben, um einen deutlicheren Vorsprung zu erspielen und so den Leipzigern die Chance gegeben, den Punkt mitzunehmen.“
Spielstatistik
Rhein-Neckar Löwen gegen Sc DHfK Leipzig 28:28 (14:13)
Tore SC DHfK Leipzig: Wiesmach 5, Krzikalla 4, Mamic 4, Milosevic 4, Ivic 4, Jotic 4, Binder 3
Tore Rhein-Neckar Löwen: Helander 7, Kirkelokke 6, Kohlbacher 4, Schmid 3, Ahouansou 2, Nilsson 2, Knorr 2, Groetzki 2
Siebenmeter: Leipzig 4/4, Rhein-Neckar Löwen 2/4
Zeitstrafen: Leipzig 6 Min, Rhein-Neckar Löwen 8 Min
Schiedsrichter: Otto, Jannik/ Piper, Raphael
Zuschauer*innen: 3.269 in der SAP Arena