DAS DUELL UND SEINE FOLGEN
WARUM KLAUS FRANKE ZUNÄCHST NICHT VON EINER KARRIERE IM HANDBALL-TOR TRÄUMTE
Der Schütze gab sich größte Mühe, aber der junge Mann wehrte die Würfe immer wieder ab. Stets hechtete er in die richtige Ecke des Großfeld-Tores. Der junge Mann hieß Klaus Franke, der mit Heinz Seiler, dem Schützen und zudem Trainer der DDR-Handball-Nationalmannschaft, mehr oder weniger zufällig ins Gespräch gekommen war, als sie sich 1960 in der Sportschule Kienbaum begegneten. Dort war Franke, damals 19 Jahre alt, als Leichtathlet der Junioren-Nationalmannschaft. Dieser Sportart gehörte seine Leidenschaft, und so sollte es eigentlich auch bleiben. Obwohl er es als Jugendlicher auch in die Schweriner Bezirksauswahl der Fußballer geschafft hatte, wo er im Tor stand. So ganz unbeleckt war er also nicht, als er sich das Duell mit Seiler lieferte.
Seine Leichtathletik-Bestleistungen konnten sich sehen lassen. 1,95 m im Hochsprung sind angesichts seiner Körpergröße von 1,78 m in jedem Fall bemerkenswert, was erst recht für die Höhenflüge mit dem Stab zutrifft. Bei den DDR-Meisterschaften der A-Jugend war der Abiturient an der Güstrower Kinder- und Jugendsportschule 1959 in Bad Blankenburg mit 3,65 m Zweiter geworden, im Training war es noch einige Zentimeter mehr. Zum Vergleich: Der Weltrekord lag damals bei 4,78 m (gehalten vom US-Amerikaner Robert Gutowski).
Von ähnlichen Höhen träumte auch Franke. Deshalb studierte er ab 1959 an der DHfK und gehörte zur Stabhochsprunggruppe mit Manfred Preußger und Gerhard Jeitner unter dem legendären Trainer Alfred Sgonina. Doch Seiler, der Schütze von Kienbaum, hatte sofort Frankes Talent für diese Position erkannt, rief in Leipzig bei Alfred Kessel, dem damaligen Trainer der DHfK-Handballer und Vorgänger von Hans-Gert Stein, an und machte darauf aufmerksam, dass sie sich den jungen Mann nicht entgehen lassen sollten. Sie ließen nicht – Franke wurde Handballer und im Tor einer der Besten seines Fachs.
Seine Leichtathletik-Bestleistungen konnten sich sehen lassen. 1,95 m im Hochsprung sind angesichts seiner Körpergröße von 1,78 m in jedem Fall bemerkenswert, was erst recht für die Höhenflüge mit dem Stab zutrifft. Bei den DDR-Meisterschaften der A-Jugend war der Abiturient an der Güstrower Kinder- und Jugendsportschule 1959 in Bad Blankenburg mit 3,65 m Zweiter geworden, im Training war es noch einige Zentimeter mehr. Zum Vergleich: Der Weltrekord lag damals bei 4,78 m (gehalten vom US-Amerikaner Robert Gutowski).
Von ähnlichen Höhen träumte auch Franke. Deshalb studierte er ab 1959 an der DHfK und gehörte zur Stabhochsprunggruppe mit Manfred Preußger und Gerhard Jeitner unter dem legendären Trainer Alfred Sgonina. Doch Seiler, der Schütze von Kienbaum, hatte sofort Frankes Talent für diese Position erkannt, rief in Leipzig bei Alfred Kessel, dem damaligen Trainer der DHfK-Handballer und Vorgänger von Hans-Gert Stein, an und machte darauf aufmerksam, dass sie sich den jungen Mann nicht entgehen lassen sollten. Sie ließen nicht – Franke wurde Handballer und im Tor einer der Besten seines Fachs.
Wann immer man mit den Europapokal-Siegern des SC DHfK über ihren Triumph vom 22. April 1966 in Paris gegen Honved Budapest spricht, wird schnell auf Klaus Franke verwiesen. Der Schorsch, so sein Spitzname, habe sie damals gerettet, denn ansonsten sei es nicht gerade ein gutes Spiel gewesen. Der Gelobte winkt ab, verweist lieber auf die gesamte Mannschaft und ihren Geist, den vor allem Kapitän Paul Tiedemann verkörperte. „Im EC-Halbfinale hatten wir Dukla Prag zu Hause klar 15:10 bezwungen“, berichtet Franke. „Im Rückspiel war es eng, und ich sagte zu Paul, dass wir doch mit zwei, drei Toren verlieren könnten und trotzdem weiter wären. Doch Paul sah mich an und sagte: Ich will hier gewinnen.“ Die Sportstudenten gewannen tatsächlich 13:12 und feierten ihren Einzug ins Finale von Paris.
In die französische Hauptstadt fuhr Franke in Doppelfunktion. Er stand natürlich im Tor, aber auch in Diensten der Leipziger Volkszeitung. Weil DDR-Journalisten keine Einreise erhalten hatten, wurde er um die entsprechende Berichterstattung gebeten. Franke, der auch zwei Semester Journalistik studiert hatte, sagte zu. Mit dem Ergebnis, dass er sich unmittelbar nach dem Abpfiff schnell in sein Hotelzimmer begeben musste, um den Bericht zu schreiben, während seine Mannschaftskameraden den Sieg feierten. Das Spiel war erst 22 Uhr angepfiffen worden, so dass es eine lange Nacht wurde. An der Rezeption hatte er ein R-Gespräch angemeldet (der Angerufene bezahlte die Gebühren) und schließlich den Text durchgegeben. Als der Morgen über Paris graute, war alles erledigt, und Franke wollte noch etwas von Paris sehen. „Doch meine Kollegen schliefen längst. So machte ich mich allein auf den Weg und klebte vorher einen Zettel an das Zimmer von Hans-Gert Stein, um ihn zu informieren, dass ich zum Mittagessen wieder zurück sein würde.“
In die französische Hauptstadt fuhr Franke in Doppelfunktion. Er stand natürlich im Tor, aber auch in Diensten der Leipziger Volkszeitung. Weil DDR-Journalisten keine Einreise erhalten hatten, wurde er um die entsprechende Berichterstattung gebeten. Franke, der auch zwei Semester Journalistik studiert hatte, sagte zu. Mit dem Ergebnis, dass er sich unmittelbar nach dem Abpfiff schnell in sein Hotelzimmer begeben musste, um den Bericht zu schreiben, während seine Mannschaftskameraden den Sieg feierten. Das Spiel war erst 22 Uhr angepfiffen worden, so dass es eine lange Nacht wurde. An der Rezeption hatte er ein R-Gespräch angemeldet (der Angerufene bezahlte die Gebühren) und schließlich den Text durchgegeben. Als der Morgen über Paris graute, war alles erledigt, und Franke wollte noch etwas von Paris sehen. „Doch meine Kollegen schliefen längst. So machte ich mich allein auf den Weg und klebte vorher einen Zettel an das Zimmer von Hans-Gert Stein, um ihn zu informieren, dass ich zum Mittagessen wieder zurück sein würde.“
DHfK-Kapitän Paul Tiedemann (l.) und Klaus Franke
Der Montmartre war sein Ziel, und vom diesem Morgen im erwachenden Paris schwärmt Franke noch heute. Er sah die Clochards auf der Straße, die Ladenbesitzer sich auf den Tag vorbereiten und die Maler an ihrer Staffelei beim Versuch, das Licht einzufangen. „Eine unbeschreibliche Atmosphäre“, sagt Franke.
Vier Jahre später, als er mit der DDR WM-Zweiter wurde, war er wieder in Paris. Ebenso 1972 mit seinem neuen Klub, dem SC Leipzig. 1971 hatte er sich dem Ortsrivalen angeschossen. Beim SC DHfK stand mit Siegfried Voigt inzwischen ein weiterer Nationaltorhüter im Aufgebot. Zwei davon in einem Klub, da solle er lieber anderswo Spielanteile bekommen, um sich für die Olympischen Spiele in München zu empfehlen, wurde ihm geraten. Also wechselte Franke zum SCL und wurde mit der Mannschaft prompt DDR-Meister. Die Olympia-Premiere 1972 erlebte der 59-malige Nationalspieler allerdings nicht vor Ort, neben Voigt wurden Reiner Frieske (Vorwärts Frankfurt) und Klaus Weiß (Dynamo Berlin) nominiert.
Die Begleitumstände der Fahrt im Herbst 1972 sind ihm nicht nur in angenehmer Erinnerung. Weil Karlheinz Rost und Peter Larisch nach dem Hinspiel gegen Stella Sports St. Maur auf Geheiß der DDR-Sportführung aus dem Leistungssport – so der damalige offizielle Sprachgebrauch – ausgeschlossen wurden. Rost lebte damals in Scheidung, sein Rückkehr aus dem Westen galt den Obersten im DDR-Sport als unsicher. Gleichzeitig musste Larisch den Verein verlassen. Die Ehefrau des Linkshänders hatte einer Kollegin davon berichtet, dass die DDR-Spieler für Platz vier in München mit einer Geldprämie (etwa 4000 DDR-Mark pro Spieler) belohnt worden waren. Deren Mann war ein Stasi-Zuträger und Larisch bekam ebenfalls ein Problem, weil solche Zuwendungrn als streng geheim galten. Beide durften ab sofort nur noch für so genannte Betriebssportgemeinschaften spielen, also nicht für staatlich geförderte Klubs. Larisch ging zu Post Schwerin, Rost nach Eisenach. „Der SCL hatte damals unglaubliches Potenzial, hätte mit Rost und Larisch auf Jahre hin um den Meistertitel mitgespielt.“, sagt Franke. Er glaubt wie viele, dass sich die DHfK-Handballer 1975 nicht dem SCL hätten anschließen müssen, wären beide späteren Oberliga-Torschützenkönige in Leipzig geblieben.
Zur Zeit der Fusion war Franke bereits Trainer, zunächst bei den Männern. 1976 übernahm er die SCL-Frauen, gewann mehrere DDR-Meisterschaften. 1986 holte er mit dem SCL den Europapokal, was ihn 1989 auch mit Hypo Wien gelang. Als ihn Peter Kretzschmar, sein Vorgänger bei den SCL-Frauen, bat, sein Co-Trainer in der Frauen-Nationalmannschaft zu werden, sagte er zu. 1978 wurden sie zusammen Weltmeister. „Pit war ein wunderbarer Mensch, mit ihm lag ich immer auf einer Wellenlänge“, so Franke. Bis zu Kretzschmars Tod am 9. September 2018 hielten beide engen Kontakt.
Das Trainerleben des gebürtigen Wittenbergers ist noch nicht vorbei. Nach wie vor arbeitet er beim Zweitligisten Dessau-Roßlau als Torwarttrainer. Er hat es auf dieser Position inzwischen mit jungen Leuten zu tun, die wesentlich größer sind als er. Überhaupt hat sich seine Sportart sehr verändert. Das wesentlich schnellere Spiel hätte ihnen damals auch gelegen, da ist sich Klaus Franke sicher. Aber die körperlichen Unterschiede zu seiner Generation seien schon gravierend. Sein Fazit lautet daher: „Die würden uns heute zerquetschen.“
Autor: Winfried Wächter
Vier Jahre später, als er mit der DDR WM-Zweiter wurde, war er wieder in Paris. Ebenso 1972 mit seinem neuen Klub, dem SC Leipzig. 1971 hatte er sich dem Ortsrivalen angeschossen. Beim SC DHfK stand mit Siegfried Voigt inzwischen ein weiterer Nationaltorhüter im Aufgebot. Zwei davon in einem Klub, da solle er lieber anderswo Spielanteile bekommen, um sich für die Olympischen Spiele in München zu empfehlen, wurde ihm geraten. Also wechselte Franke zum SCL und wurde mit der Mannschaft prompt DDR-Meister. Die Olympia-Premiere 1972 erlebte der 59-malige Nationalspieler allerdings nicht vor Ort, neben Voigt wurden Reiner Frieske (Vorwärts Frankfurt) und Klaus Weiß (Dynamo Berlin) nominiert.
Die Begleitumstände der Fahrt im Herbst 1972 sind ihm nicht nur in angenehmer Erinnerung. Weil Karlheinz Rost und Peter Larisch nach dem Hinspiel gegen Stella Sports St. Maur auf Geheiß der DDR-Sportführung aus dem Leistungssport – so der damalige offizielle Sprachgebrauch – ausgeschlossen wurden. Rost lebte damals in Scheidung, sein Rückkehr aus dem Westen galt den Obersten im DDR-Sport als unsicher. Gleichzeitig musste Larisch den Verein verlassen. Die Ehefrau des Linkshänders hatte einer Kollegin davon berichtet, dass die DDR-Spieler für Platz vier in München mit einer Geldprämie (etwa 4000 DDR-Mark pro Spieler) belohnt worden waren. Deren Mann war ein Stasi-Zuträger und Larisch bekam ebenfalls ein Problem, weil solche Zuwendungrn als streng geheim galten. Beide durften ab sofort nur noch für so genannte Betriebssportgemeinschaften spielen, also nicht für staatlich geförderte Klubs. Larisch ging zu Post Schwerin, Rost nach Eisenach. „Der SCL hatte damals unglaubliches Potenzial, hätte mit Rost und Larisch auf Jahre hin um den Meistertitel mitgespielt.“, sagt Franke. Er glaubt wie viele, dass sich die DHfK-Handballer 1975 nicht dem SCL hätten anschließen müssen, wären beide späteren Oberliga-Torschützenkönige in Leipzig geblieben.
Zur Zeit der Fusion war Franke bereits Trainer, zunächst bei den Männern. 1976 übernahm er die SCL-Frauen, gewann mehrere DDR-Meisterschaften. 1986 holte er mit dem SCL den Europapokal, was ihn 1989 auch mit Hypo Wien gelang. Als ihn Peter Kretzschmar, sein Vorgänger bei den SCL-Frauen, bat, sein Co-Trainer in der Frauen-Nationalmannschaft zu werden, sagte er zu. 1978 wurden sie zusammen Weltmeister. „Pit war ein wunderbarer Mensch, mit ihm lag ich immer auf einer Wellenlänge“, so Franke. Bis zu Kretzschmars Tod am 9. September 2018 hielten beide engen Kontakt.
Das Trainerleben des gebürtigen Wittenbergers ist noch nicht vorbei. Nach wie vor arbeitet er beim Zweitligisten Dessau-Roßlau als Torwarttrainer. Er hat es auf dieser Position inzwischen mit jungen Leuten zu tun, die wesentlich größer sind als er. Überhaupt hat sich seine Sportart sehr verändert. Das wesentlich schnellere Spiel hätte ihnen damals auch gelegen, da ist sich Klaus Franke sicher. Aber die körperlichen Unterschiede zu seiner Generation seien schon gravierend. Sein Fazit lautet daher: „Die würden uns heute zerquetschen.“
Autor: Winfried Wächter